Der unhaltbare Ärztemangel: Warum wird nichts dagegen unternommen?

Die medizinische Versorgung in Deutschland hat es nie leicht gehabt, aber jetzt steuern wir auf eine echte Krise zu. Warum? Ganz einfach: Der Ärztemangel, die sinkende Attraktivität des Arztberufs, die hohe Arbeitsbelastung und das mittlerweile kaum noch tragbare bürokratische Chaos. Aber wir könnten noch weit über den Zustand des Systems hinausgehen und uns eine Zukunft vorstellen, die uns Ärzte auf Augenhöhe behandelt – und nicht nur als Arbeitstiere in einem überlasteten System. Doch das erfordert nicht weniger als einen kompletten Umbruch.

Der Schleichende Untergang des Gesundheitssystems

Deutschland gilt als ein Land mit einem der besten Gesundheitssysteme der Welt – zumindest in der Theorie. Wenn wir aber genau hinschauen, wird der so glänzend präsentierte “Staat der Gesundheit” auf die harte Realität des Arbeitsalltags reduziert. Wir hören von Krankenhäusern, die um ihre Existenz kämpfen, von niedergelassenen Ärzten, die sich immer mehr überlastet fühlen und von Patienten, die immer länger auf Termine warten müssen.

Aber warum geht das alles bergab? Die Antwort liegt auf der Hand: Dem Gesundheitssystem fehlt es an Fachkräften, die bereit sind unter den aktuellen Bedingungen zu arbeiten. Der Nachwuchs kommt nicht nach. Während die ältere Generation der Ärzte zunehmend in Rente geht, ist die Lücke bei den jungen Medizinern katastrophal.

Egal, ob in der Klinik, in der Hausarztpraxis oder in der Notaufnahme: Der Druck auf die Ärzte wächst unaufhörlich. Zu viele Überstunden, zu wenig Anerkennung und – das größte Problem – die Perspektivlosigkeit. Wer will unter diesen Umständen noch Arzt werden? Und wer möchte sich nach Jahren der Ausbildung und Belastung weiterhin für so wenig Geld und mit so wenig Gestaltungsspielraum quälen?

Der Arztmangel und seine Folgen

Die Auswirkungen des Ärztemangels sind längst keine theoretische Diskussion mehr – sie sind spürbar. Abgeschaffte Notdienste, geschlossene Praxen, überfüllte Wartezimmer – und vor allem: Eine sinkende Qualität der medizinischen Versorgung. Eine Umfrage unter Ärzten und Medizinstudenten in Deutschland zeigt eindeutig: Immer weniger junge Menschen entscheiden sich für den Beruf des Arztes.

Warum? Die Antwort ist eigentlich einfach: Die Rahmenbedingungen sind einfach nicht mehr tragbar. Die Medizinstudenten sehen sich einer immer größer werdenden Schuldenlast gegenüber und müssen feststellen, dass die Arbeitsbedingungen in der Praxis oder Klinik alles andere als erstrebenswert sind. Die Berufung zur Medizin hat in vielen Fällen ihren Zauber verloren – und das auf allen Ebenen.

Bürokratie und der Berg von Papierkram: Der Krankheitsfaktor Nummer Eins

Die Bürokratie im deutschen Gesundheitssystem ist schlichtweg eine Katastrophe. Niemand in der Branche kommt an ihr vorbei – und sie ist so umfassend wie ermüdend. Ärzte verbringen mittlerweile mehr Zeit mit Verwaltungsaufgaben, als sie mit ihren Patienten verbringen. Das heißt im Klartext: Die Ärzte sind im Hamsterrad der Bürokratie gefangen.

Egal, ob es sich um Rezepte, Abrechnungen, Dokumentationen oder die immer umfangreicher werdende Kommunikation mit den Krankenkassen handelt – der Aufwand wächst ständig, während der Nutzen für die Patienten sinkt. Eine Umstellung auf digitale Systeme und die Vereinfachung von Verwaltungsprozessen stehen immer wieder im Raum, werden jedoch kaum vorangetrieben. Stattdessen wird der medizinische Alltag mit Papierkram überladen. Und wir sprechen hier nicht von kleinen Aufgaben – oft sind es riesige, furchteinflößende Berge an Formularen, die abgearbeitet werden müssen.

Kassenpatienten: Wer übernimmt die Kosten für die Qualität?

Ein weiteres großes Thema, das immer wieder für Aufregung sorgt: Die Kassenpatienten. Natürlich sollte das Gesundheitssystem allen zugänglich sein, aber der finanzielle Druck auf die Praxen ist enorm. Besonders für niedergelassene Ärzte stellt sich die Frage: Wie lässt sich die Arbeit mit gesetzlich versicherten Patienten überhaupt noch rentabel gestalten? Die Vergütung ist zu niedrig, die Anforderungen steigen jedoch stetig.

Was der Arzt an der einen Seite investiert – ob in neueste Medizintechnik, Weiterbildung oder Mitarbeiter – bekommt er an der anderen Seite durch die niedrige Vergütung kaum zurück. Natürlich gibt es noch den privaten Bereich, aber auch hier ist der Wettbewerb hart. Doch vor allem: Wie kann es sein, dass die Qualität der medizinischen Versorgung in vielen Regionen, insbesondere auf dem Land, so drastisch sinkt, weil niemand mehr bereit ist, unter diesen Bedingungen zu arbeiten?

Die Lösungen: Was tun?

Was also kann und muss getan werden, um das Gesundheitssystem zu retten? Ganz einfach: Innovationen sind gefragt! Aber keine halbherzigen Experimente oder digitale Anbiederungen, die nur die Symptome behandeln. Es geht um grundlegende Veränderungen, die die Arbeitsbelastung der Ärzte verringern, die Bürokratie abbauen und die Arbeitsbedingungen verbessern.

1. Digitalisierung als Chance nutzen – Online-Sprechstunden und ein funktionierendes digitales Netzwerk könnten Ärzten und Patienten helfen, Zeit und Ressourcen zu sparen. Ein durchdachtes System zur Verwaltung von Patientendaten, das nicht nur den Ärzten zugutekommt, sondern auch die Patienten effizienter versorgt.

2. Anreize für Landärzte schaffen – Mit höheren Zuschüssen und Anreizen für Ärzte, die in ländliche Gegenden ziehen, könnte das Gleichgewicht zwischen städtischer und ländlicher Versorgung etwas ausbalanciert werden. Dabei sind vor allem flexible Arbeitszeiten und angemessene Vergütungen entscheidend.

3. Bessere Vergütung für Ärzte – Wenn wir über die medizinische Zukunft sprechen, muss auch der „Preis der Arbeit“ neu überdacht werden. Es kann nicht sein, dass Ärzte in einem System arbeiten, das sie nicht belohnen kann. Ein transparentes und faires Vergütungssystem könnte die Berufung „Arzt“ wieder für viele attraktiv machen.

4. Bürokratie abbauen – Weniger Papier, weniger Formulare, weniger Abstimmungen mit Krankenkassen. Eine Vereinfachung der bürokratischen Prozesse würde vielen Ärzten eine Menge Stress ersparen und es ihnen ermöglichen, sich auf das zu konzentrieren, was sie eigentlich tun sollten – Patienten helfen!

Die Realität: Wo steht das Gesundheitssystem in Zukunft?

Die Zukunft des Gesundheitssystems wird in den kommenden Jahren entscheidend von uns – den Ärzten – geprägt. Es liegt an uns, die Zeichen der Zeit zu erkennen und aktiv an der Veränderung teilzunehmen. Wir müssen uns für die richtigen Lösungen starkmachen und für die Anerkennung unserer Arbeit eintreten.

Natürlich gibt es Herausforderungen. Aber eines ist sicher: Wer den Wandel als Chance sieht, wird das Gesundheitssystem in Deutschland nicht nur verbessern – sondern auch zukunftssicher machen. Wir sollten nicht nur über die Probleme reden, sondern die Verantwortung übernehmen und endlich aktiv werden.

Denn wenn wir es nicht tun, wer dann?

 

Sanovetis Ärztejournal